Heimatbund Calberlah – Obstbäume auch im Sommer schneiden?
Im Volksmund herrscht oft die Meinung, dass Obstbäume nur im Winter geschnitten werden. Dies ist nur zum Teil richtig. Ein Sommerschnitt hat seine Berechtigung, mit ihm lässt sich ein stark wachsender Baum im Wuchs bremsen. Das heißt, sobald die Triebe ihr Wachstum abgeschlossen haben, kann geschnitten werden. Ein zeitnaher Neuaustrieb erfolgt dann nicht mehr, jedoch ist auch hier das Naturschutzgesetz zu beachten. Ein Pflegeschnitt im Sommer ist gestattet, Brutplätze für Vögel dürfen jedoch nicht zerstört werden.
Mein Großvater sagte immer, er steht im Sommer voll im Saft. Durch den ständigen Kreislauf des „Saftes“ im Baum verheilen Schnittwunden besser und bilden so einen guten Schutzschirm gegen Keime, die versuchen, über die Wunden in den Baum einzudringen. Faszinierend ist auch, dass mit einem Sommerschnitt nicht nur das Baumwachstum, sondern auch der Ertrag steuerbar ist.
So mancher Gartenbesitzer kennt das Problem mit dem Ertrag. Ein Jahr trägt der Baum mehr als gut, im Jahr darauf muss man die Früchte im Baum suchen. Bei älteren Bäumen kommt dieser Zustand sehr häufig vor. Mit dem Schnitt im Sommer lässt sich diese „Alternanz“ jedoch mindern und es kann etwas Konstanz im Ertrag über die Jahre erreicht werden, der Schnittzeitpunkt dafür ist frühzeitig im Jahr zu wählen.
Zwei Beispiele aus der Praxis. Ihr Baum trägt viele, kleine Früchte. Greifen Sie also zur Baumschere, nicht ohne diese vorher desinfiziert zu haben, schneiden Sie das Fruchtholz unterhalb eines neuen Langtriebes ab. Langtriebe erkennen Sie als frische, neue Triebe am Baum. Sie stabilisieren damit den Kronenaufbau des Baumes und lassen die verbliebenen Früchte am Baum größer werden. Achten Sie auf eine saubere Schnittführung, unsaubere Schnittränder können mit einer „Hippe“ beseitigt werden.
Das zweite Beispiel. Ihr Baum trägt nur wenige Früchte. Er reagiert darauf mit einem gesteigerten Wachstum der Triebe und in der Folge mit verstärktem Blütenansatz. Jetzt können Sie mit dem Entfernen von Kronenteilen einschreiten, steil nach oben oder dicht wachsende Triebe sind hierbei fehl am Platz, schneiden Sie diese sauber am Ast Ring ab. Führen Sie diese Maßnahmen konsequent durch, wird der Baum, Vitalität vorausgesetzt, allmählich wieder ins „Gleichgewicht“ kommen.
Es ist ein schönes Gefühl wenn man selber merkt, dass die eigenen Schnittmaßnahmen den gewünschten Erfolg herbeigeführt haben. Man versteht auf einmal ein kleines Stückchen der Wachstums- und Schnittgesetze und ist fasziniert von der wunderbaren Kraft der Natur.
Heimatbund Calberlah, Karsten Karwehl